Harlem, New York
Der New Yorker Stadtteil Harlem hat mich schon immer fasziniert. Tatsächlich lebte einst meine älteste Tochter dort, als sie einige Monate in den USA studierte. Wann immer ich sie besuchen ging, war ich beeindruckt von seiner Lebendigkeit und Energie.
Die Geschichte von Harlem ist untrennbar mit der afroamerikanischen Kultur verbunden. Wenn man die 125th Street hinuntergeht, kommt man zum Apollo Theatre, in dem einst The Jackson 5, James Brown und Ella Fitzgerald auftraten. Und auf der Lenox Avenue befindet sich der Cotton Club, in dem Lena Horne damals berühmt wurde.
Blick auf Ostharlem heute.
Nachtclub-Karte von Harlem, 1932.
Seit den 1920er Jahren hat Harlem eine überwiegend schwarze Bevölkerung. Die Depression und der Zweite Weltkrieg hatten dramatische Auswirkungen auf seine Bewohner: hohe Mieten, Arbeitslosigkeit und Rassismus von Stadtbeamten und Polizei führten in den 1930er und 1940er Jahren zu Rassenaufständen.
In Die Sonnenschwester schließt sich Cecily einem Protest in Harlem an, der schnell in Chaos ausartet. Dieser fiktive Protest wurde teilweise durch einen Aufstand im Jahr 1943 inspiriert: Robert Bandy, ein schwarzer Soldat, schritt ein, als eine schwarze Frau von einem weißen Polizisten festgenommen wurde. Dafür bezahlte er mit dem Leben.
In jener Nacht ging die schwarze Bevölkerung wutentbrannt auf die Straße. Auch weil sie bereits durch die anhaltende Trennung der Streitkräfte während des Krieges aufgebracht war. Sechs Menschen fielen diesen Ausschreitungen zum Opfer und mehr als 700 wurden verletzt.
In der turbulenten Ära der Bürgerrechtsbewegung in den 1950er und 1960er Jahren (mehr dazu gibt’s hier) wurde Harlem zu einem Treffpunkt für Aktivisten wie Malcolm X und Queen Mother Moore. Nach dem Vietnamkrieg in den 1970er und 80er Jahren war Harlem gezeichnet von Armut und Drogen. Organisiertes Verbrechen beherrschte den Bezirk.
Rassenaufstand in Harlem, 1964
Harlem liegt auf der Insel Manhattan, ganz in der Nähe der wohlhabenden Viertel Upper East und West Side. In Die Sonnenschwester wollte ich, dass die Figur Miles einen Einblick in die Realität der Menschen erhält, die weniger Glück haben als sie, aber auch ein Gefühl für den ausgeprägten Gemeinschaftssinn entwickelt, der in Harlem so deutlich spürbar ist. Die Menschen, die ich in der Abyssinian Baptist Church und der Mother Zion AME Kirche getroffen habe und sich unermüdlich der Hilfe junger Leute widmen, die in Sucht und Bandenstrukturen geraten sind, waren eine echte Inspiration.
Doris Lango-Leak, die örtliche Harlem-Historikerin, und ich.
Statue von Clara Hale vor dem Hale House Center, Harlem, die Electra in Die Sonnenschwester besichtigt
Als ich durch das Harlem von heute spazierte, versuchte ich, mir vorzustellen, wie es wohl gewesen sein mag, als Cecily 1947 dort war. Doch die Straßen haben sich grundlegend verändert und viele der alten Sandsteinfassaden sind hinter Gerüsten verborgen, um die Gebäude in teure Wohnungen, Cafés oder Bars zu verwandeln.